Nach unserem einen freien Tag in Jaipur fühlten wir uns nun fit für den langen Weg nach Jophur.
Es wurde eine sehr lange Fahrt – am Ende brauchten wir für die 250km 7 Stunden! Noch nie habe ich so viel Verkehr erlebt, und vor allem so viele Laster gesehen, und noch mehr Baustellen. Irgendwie war fast alles Baustelle – die letzten 100km waren es jedenfalls am Stück. Es rumpelte ununterbrochen, permanent musste man Tieren ausweichen, wir sahen viele tote Hunde, aber auch tote Ziegen und Rinder, andauernd kam einem Verkehr auf der eigenen Spur entgegen, denn jeder versucht bis zur letzten Sekunde sein Überholmanöver zu beenden – es gilt das Recht des Lautesten! Ohne Hupe braucht hier niemand auf die Strasse.
Die Landschaft zwischen Jaipur und Jodhpur war jedenfalls sehr abwechslungsreich: mal sah es aus wie Wüste, dann wieder wie Frühling mit Rapsblüte in Schleswig-Holstein, dann fuhr man durch bergiges Gebiet (war natürlich auch Baustelle) – überall lagen Rinder zum Wiederkäuen … ich wußte nicht, dass hier in Indien soooo viele sind! Na: irgendwann waren wir jedenfalls da, ziemlich erledigt, das Hotel schön, aber nach dem letzten fast zu modern. Es reichte für einen Spätnachmittagstee, etwas lesen … am nächsten Tag begann unser Programm. wie immer: also wieder früh aufstehen. 🙂
Wir begannen mit einem Besuch an einer Gedenkstätte aus dem Jahr 1899 in Erinnerung an Maharaja Jaswant Singh II, dem Jaswant Thada. Kunstvoll geschnitze Bögen aus Marmor, die Bodenplatten dünn poliert, damit sie das Licht in einem schönen warmen Ton reflektieren. Davor liegt ein See, im Garten ein Ehrenmal, auf den Hügeln herum eine Art Befestigungsmauer mit vielen Wachtürmen, deren Alarmsystem damals mit Vögeln funktionierte. Im Hintergrund das beeindruckende Meherangarh Fort. Von den Hügeln kann man auch das erste mal die blauen Häuser von Jodhpur erblicken. Die Farbe Blau kennzeichnete früher die Zugehörigkeit der Bewohner zur Kaste der Brahmanen, allerdings haben heute auch Nicht-Brahmanen diesen Brauch übernommen. Man sagt der Farbe nach, dass sie ein effektives Mittel zur Abwehr von Moskitos sei und ausserdem sehr gefällig fürs Auge, wenn die Sonne sehr grell scheint. Eigentlich ist es um diese Jahreszeit (06.März) sehr trocken hier, aber am Abend zuvor hatte es extrem heftig geregnet und gehagelt … Moskitos gab es jedenfalls so schnell nicht.
Nach dem Besuch des Jaswant Thada ging es dann zum Meherangarh Fort aus dem 15ten Jahrhundert. Der Bau ist mal mehr als beeindruckend! Steht man unterhalb und schaut die Felswand nach oben … boah ey!
Aber vorher mussten wir uns unserer ersten Gesundheitsuntersuchung unterziehen: es wurde bei jedem Fieber gemessen und wir mussten all unsere Adressen angeben. Aber dann ging es mit dem Lift nach oben – die Stufen hätte ich auch nicht gehen wollen! Das Fort liegt immerhin auf 125m Höhe.
Kalt war es da oben und ziemlich windig. Aber sensationell schön! Der Bau der Anlage begann Mitte des 15. Jahrhunderts. Der Großteil der erhaltenen Festung stammt allerdings aus dem 17. Jahrhundert. Sieben kunstvoll verzierte Eingangstore zählen zu den Highlights. Der ehemalige Palast im Inneren wurde zum Museum umfunktioniert. Das Festungsmuseum gibt Einblicke in die prunkvolle Lebenswelt der Rajput-Maharajas. Innen erwarten einen kostbar geschmückte Innenräume, Wandmalereien und Gegenstände des Hoflebens sind zu sehen, wie zum Beispiel Sänften, Textilien, Teppiche und Gemälde. Takhat Vilas, die prunkvolle Bettkammer des Maharaja Takhat Singh, zählt zu den Höhepunkten der Ausstellung (besonders gefallen hatten mir die Weihnachtskugeln, die er als Geschenk erhalten hatte, und – da er mit denen sonst nichts anzufangen wusste – an die Decke gehängt hatte, wo sie immernoch hängen. So hat es uns jedenfalls unser Führer erzählt – wirklich nett!)
Einige prunkvolle Räume sind wirklich noch zu erwählen, wie z.B der Phul Mahal, der Blumenpalast, der durch seine üppige Golddecke auffällt. Hier sass der König auf einem erhöhten Kissen und ließ sich von Tänzerinnen die Zeit vertreiben … Oder auch der Spiegelsaal Sheesh Mahal – alles wirklich beeindruckend.
Aber am meisten haben mir persönlich einfach die Gesamtbauten gefallen: das ist einfach nur toll die anzusehen!
Einiges innerhalb der Mauern wurde gerade renoviert, weshalb wir nicht alles besuchen konnten, aber so war es schon beeindruckend genug.
Danach … fuhren wir aufs Land!
Besuch bei 3 verschiedenen Familien in Salawas – etwas mehr als 20 km von der Stadt entfernt.
Eine lebte von Landwirtschaft, hatte 3 Wasserbüffel und war Lakto-Vegetarier (ich wusste bis dahin nicht mal, was das ist), eine lebte vom Teppich weben (klassiche indische Durries), und eines war eine Töpferfamilie, die noch ganz klassisch mit einem stromlosen Steinrad Töpfereien herstellt. Alle gewährten uns einen kleinen Einblick in ihr Leben – das können wir uns so gar nicht vorstellen! Es war sehr nett, wenn auch ungewöhnlich bei wildfremden Menschen sozusagen „einzufallen“, aber einige Familien der Gegend hatten dazu ihre Zustimmung gegeben. Auf dem Weg zurück ind die Stadt fuhren wir auf einer ruhigen Nebenstrasse durch die Felder … ein paar Antilopen und unzählige Pfauen liefen herum oder saßen auf den Begrenzungspfählen und waren wunderschön.
Ich hatte mit unserem Reisebegleiter auch zufällig über Step Wells gesprochen, und eigentlich wollten wir Abends noch einen ganz bestimmten ansehen, aber mal wieder war die Zeit zu knapp, und wir haben mal wieder nicht unser Programm geschafft. Aber wir wollten uns auch nicht hetzen und lieber das, was wir machten, auch genießen.
Also brachte er uns kurz vor Sonnenuntergang noch zu einem der umliegenden Stepwells, und der war nun mal so ganz anders. Aus dem 20sten Jahrhundert, etwa einen Kilometer in der Ausdehnung, und in einem Neubaugebiert gelegen, welches nur so palastartige Gebäude hatte, und wo Filmstars oder andere reiche Leute eben gekauft hatten. Wirklich bewohnt sah es nicht aus und kam mir ein bisschen wie Disneyland auf indisch vor – ausserdem sehr unwirklich angesichts der Umgebung. Und da es nicht so bewohnt war, war auch schon einiges wieder am zerfallen … ganz schräge. Der Brunnenwasser dann auch leuchten Grün – aber die Gegend ist seit Jahren ans öffentliche Wassernetz angeschlossen und er Brunnen wird nicht mehr benötigt. Schade.
Das Umaid Bhawan Museum haben wir also gar nicht gesehen (hier hätte es königliche Relikte und Fotos gegeben, die die einstig glanzvollen Tage im Palast zeigen – das fanden wir also jetzt nicht mehr ganz so schlimm, dass wir das nicht gesehen haben), und den Ort Mandore auch nicht.
Auf der suche nach „unserem Stepwell“, den wir dann am nächsten Morgen noch auf eigene Faust besucht hatten, haben wir sogar noch den Ghanta Ghar (Uhrenturm) und Sardar Markt (Bazar) im Schnelldurchgang gesehen, den uns unser Guide am Vorabend gerne noch gezeigt hätte … aber ein Tag für all das war einfach zu knapp.
Aber „unseren Brunnen“ haben wir gefunden (ganz allein mit unserem Fahrer und mit der Hilfe von Google Maps auf dem Handy ) und wir waren schwer begeistert! Sooo schön! Der Tooji Ka Jhalra – aus dem Jahre 1740, das Wasser sauber und nicht veralgt, und die Farben des Sandsteins leuchteten wunderbar in der Morgensonne …
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Suppi